Netzwerk Kinderrechte Schweiz

Psychische und soziale Dimension der Pandemie stärker beachten

In einem Appell an den Bundesrat fordern der Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz (DOJ) und der Schweizerische Seniorenrat (SSR), bei der Neubeurteilung der Corona-Massnahmen anfangs Februar 2022 den grundlegenden Bedürfnissen und dringenden Nöten aller Altersgruppen, vor allem aber der jungen Menschen, Rechnung zu tragen. Eine Allianz von Organisationen aus den Bereichen Alter, Jugend und psychische Gesundheit trägt diese Forderungen: Solidarität für und zwischen den Generationen, mehr Normalität für junge Menschen und umfassende Betrachtung der Corona-Krise unter Berücksichtigung der psychischen und sozialen Dimension der Pandemie und deren Folgen.

Die Corona-Pandemie dauert an, das Alltagsleben aller Altersgruppen bleibt eingeschränkt, und es zeichnen sich längerfristigen Folgen ab – vor allem für die jüngere Generation. Die den Appell unterzeichnenden Organisationen tragen die Massnahmen weiterhin grundsätzlich mit, wünschen sich aber seit Längerem eine differenzierte Diskussion über eine den Altersgruppen entsprechende Bekämpfung der Pandemie. Nun ist aus unserer Sicht der Zeitpunkt dafür gekommen. Ausserdem stehen körperliche Gesundheit sowie medizinische und epidemiologische Folgen und Gegenmassnahmen zu stark im Fokus. Die psychische und soziale Dimension der Pandemie und ihre Folgen müssen mehr Aufmerksamkeit und Gewicht erhalten. Der Bundesrat soll diese Aspekte bei der Neubeurteilung und den nächsten Lockerungsschritten einbeziehen und der jungen Generation nun mehr Lebens- und Entfaltungsraum ermöglichen.


Echte Generationensolidarität für beide Seiten

Die gemeinsame Bewältigung der aktuellen Krise soll den solidarischen Zusammenhalt und das gegenseitige Verantwortungsgefühl stärken. Einer Spaltung zwischen den Generationen ist unbedingt entgegenzuwirken. Die junge Generation hat viel mitgetragen in der Bewältigung der Krise. Nun kann sich jede*r schützen, und empfindliche Einschränkungen für junge Menschen sind nicht mehr gerechtfertigt. Sie sollen sich gesund entwickeln können – trotz Pandemie. Gesellschaft und Behörden sollen daher ihre spezifischen Bedürfnisse ernst nehmen und ihnen solidarisch möglichst grosse «Normalität» ermöglichen.


Mehr Normalität durch freien Zugang zu Freizeitangeboten

Was junge Menschen nun dringender denn je brauchen sind «normale» Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten – auch um Folgeproblemen im Bereich psychische Gesundheit und Berufsübergang vorzubeugen. Daher soll der Zugang zu wichtigen niederschwelligen Orten der Entwicklung und Bildung für junge Menschen bis 25 Jahren ohne Einschränkung des Zutritts (Zertifikat) für alle möglich sein. Dies betrifft vor allem sportliche und kulturelle Aktivitäten sowie die verbandliche und Offene Kinder- und Jugendarbeit. Weiter ist zentral, dass formale Bildungsinstitutionen offenbleiben sowie die Schutzmassnahmen dort so gering wie möglich gehalten werden. Weiterführende Schulen und Möglichkeiten der Berufsfindung (z. B. Schnupperstellen und Praktika) müssen möglichst uneingeschränkt zugänglich sein.


Mehr Mittel für präventive Unterstützung

Junge Menschen sollen zwecks Abfederns der Folgen der Pandemie auch hürdefreien Zugang zu niederschwelligen Beratungs- und Unterstützungsangebote beispielsweise in Jugendtreffs haben. Weiter sollen umgehend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden für den Ausbau der überlasteten psychiatrischen und psychologischen Angebote aber vor allem auch für mehr niederschwellige Arbeit in den Bereichen Gesundheitsförderung und Prävention. Auch den psychischen Folgen und Leiden der Senior*innen in der Pandemie soll mehr Beachtung geschenkt werden. Um ihrer Vereinsamung entgegenzuwirken, sollen die Besuchsmöglichkeiten in Alters- und Pflegeheimen nicht mehr eingeschränkt und ihre Selbstbestimmung bei der Umsetzung der Schutzmassnahmen geachtet werden.


Der Appell wurde vom Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz (DOJ) und dem Schweizerische Seniorenrat (SSR) lanciert. Er wird unterstützt von Pro Juventute Schweiz, Pro Mente Sana, SAJV, UNICEF Schweiz und Liechtenstein sowie dem Verband Schweizer Musikclubs und Festivals PETZI.


vollständiger Wortlaut des Appells

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