Netzwerk Kinderrechte Schweiz

UN-Kinderrechtsausschuss: Neue Allgemeine Bemerkung zu Kinderrechten mit Bezug zum Klimawandel

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes publizierte vor kurzem eine neue „Allgemeine Bemerkung“ (General Comment) zur UN-Kinderrechtskonvention. Diese Bemerkungen geben jeweils rechtliche Hinweise darauf, wie sich ein bestimmtes Thema oder ein bestimmter Bereich der Gesetzgebung auf die Rechte des Kindes auswirkt.

Die Allgemeine Bemerkung Nr. 26 widmet sich dem Thema «Umwelt» mit Fokus auf den Klimawandel. Der Ausschuss entschied sich für dieses Thema, da der Klimawandel und die damit einhergehende Umweltverschmutzung eine direkte Bedrohung der Rechte der Kinder auf der ganzen Welt sind.

Einige wichtige Punkte sind in der Folge zusammengefasst:

  • Mit der Allgemeinen Bemerkung Nr. 26 betont der Ausschuss zum ersten Mal das Recht der Kinder auf ein Leben in einer sauberen, gesunden und nachhaltigen Umwelt und liefert eine umfassende Auslegeordnung der staatlichen Verpflichtungen im Rahmen des UN-Übereinkommens über die Rechte der Kinder in Bezug auf die Umwelt.
  • Der Ausschuss nimmt in der Allgemeinen Bemerkung auf unterschiedliche Artikel der UN-Kinderrechtskonvention Bezug. Beispielsweise betont er in Bezug auf Artikel 2 «Right to non-discrimination», dass Umweltschäden für bestimmte Kinder eine besonders grosse Gefahr bedeuten. Der Ausschuss fordert alle Länder dazu auf, mehr Daten über die Lebensumstände dieser besonders vulnerablen Zielgruppe zu sammeln, damit diese mit gezielten Massnahmen geschützt werden können.
  • Die Staaten sind nicht nur dafür verantwortlich, die Rechte der Kinder vor unmittelbarem Schaden aufgrund des Klimawandels zu schützen, sondern auch Massnahmen zu treffen, um vorhersehbare Kinderrechtsverletzungen in der Zukunft zu verhindern. Alle Länder, die die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert haben, werden dringend aufgefordert, sofortige Massnahmen zu ergreifen. Diese könne beispielsweise der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen oder die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen zur Verbesserung der Luftqualität, zur Gewährleistung des Zugangs zu sauberem Wasser und zum Schutz der biologischen Vielfalt sein.
  • Diese Verantwortung die Kinderrechte mit Blick auf den Klimawandel zu wahren, geht über die eigenen Staatsgrenzen hinaus. Entsprechend sollten alle Staaten, die die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet haben ihre Verantwortung wahrnehmen.
  • Die Bemerkungen betonen ebenfalls, dass die Ansichten der Kinder bei umweltpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden müssen. Entsprechend berücksichtigte der Ausschuss bei der Ausarbeitung der Empfehlungen die Perspektiven von 16'333 Kindern aus 121 Ländern, die über Online-Umfragen, Fokusgruppen und persönliche nationale und regionale Konsultationen ihre Anliegen kommunizieren konnten.

Relevanz für die Schweiz

Die Allgemeine Bemerkung sind auch für die Schweiz als Vertragsstaat der UN-Kinderrechtskonvention relevant. Der vierte NGO-Bericht an den UN-Kinderrechtsausschuss von Mai 2021, ging unter anderem auch auf die Auswirkungen des Klimawandels auf die Kinderrechte in der Schweiz ein. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Schweiz Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen zu zögerlich umsetze und dass die im Schweizer Gesetz definierten Grenzwerte durch verkehrs- und industriebedingte Emissionen regelmässig überschritten würden. Zudem fördere das Investitionsverhalten von Schweizer Institutionen eine globale Erwärmung von 4 bis 6°Celsius, was einem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen erschwere. Insgesamt attestiert der Bericht der Schweiz einen unverhältnismässig hohen Kohlenstoff-Fussabdruck, welcher die Rechte der Kinder auf den höchsten erreichbaren Gesundheitsstandard und das Leben in einer sicheren und nachhaltigen Umwelt direkt unterwandert. Der Ausschuss formulierte folgende konkreten Empfehlungen für die Schweiz. Die Schweiz soll demnach:

  • die Treibhausgasemissionen im Sinne der internationalen Verpflichtungen reduzieren und sicherstellen, dass die Klimastrategie des Bundesrates mit dem Netto-Null-Ziel bis 2050 in Einklang mit den Grundsätzen der Konvention umgesetzt wird.
  • die Politik und Praxis im Luftfahrt- und Transportbereich überprüfen und gestützt auf die Auswirkungen der darauf zurückzuführenden Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen auf die Kinderrechte eine mit ausreichend Ressourcen ausgestattete Strategie entwickeln, um die Situation zu verbessern, unter anderem durch Investitionen in CO2-neutrale Technologien.
  • sicherstellen, dass private und öffentliche Finanzinstitute die Auswirkungen ihrer Investitionen auf den Klimawandel und die daraus resultierenden schädlichen Folgen für Kinder berücksichtigen, unter anderem durch regelmässige Überwachung und Beurteilung der Finanzinstitute mit Blick auf ihre Investitionstätigkeiten und durch die Verabschiedung verbindlicher Regeln für die Finanzinstitute.
  • Kinder mit der aktiven Beteiligung der Schulen stärker für den Klimawandel und die Umweltgesundheit sensibilisieren, unter anderem für die einschlägige Gesetzgebung zu Luftqualität und Klima und das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmass an Gesundheit.
  • sicherstellen, dass die Bedürfnisse und Meinungen der Kinder bei der Entwicklung von Strategien und Programmen zur Bekämpfung des Klimawandels systematisch berücksichtigt werden.
  • Daten zu den Auswirkungen des Klimawandels für Kinder erheben und im nächsten Bericht Informationen dazu vorzulegen.

Die Allgemeine Bemerkung Nr. 26 des UN-Kinderrechtsausschuss dienen als Referenz-Dokument für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und liefern dadurch eine Chance für die Schweiz, ihre Bestrebungen in diesem Bereich zu intensivieren und die Empfehlungen des Netzwerk Kinderrechte Schweiz umzusetzen.  

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