Netzwerk Kinderrechte Schweiz

Kinderrechte im Parlament

Rückschau auf die Frühjahrssession 2023

Nach dem Ständerat nahm nun auch der Nationalrat mit deutlicher Mehrheit die Motion «Betreuungsentschädigung. Betreuung von schwer kranken Kindern im Spital gewährleisten und die Lücke im Vollzug schliessen» von Damian Müller (FDP) an. Diese fordert, dass Eltern von schwer kranken Kindern einen umfassenderen Betreuungsurlaub gewährt wird, nachdem ein im Jahr 2021 in Kraft getretenes Gesetz Lücken aufwies. Mit der Annahme der Motion durch beide Räte sollen Doppelverdiener-Eltern künftig Anspruch auf Betreuungsurlaub haben, falls ihr Kind vier Tage oder länger im Spital behandelt werden muss. Der Bundesrat wird somit beauftragt, eine neue Gesetzesvorlage auszuarbeiten, damit schwerkranke Kinder künftig umfassender von ihren Eltern betreut und begleitet werden können.


Mit 107 zu 79 Stimmen und bei 5 Enthaltungen hiess der Nationalrat ebenfalls das Geschäft «Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung» gut, die seine Kommission für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit und die Verbesserung der Chancengerechtigkeit für Kinder im Vorschulalter ausgearbeitet hatte. Der Nationalrat stimmte zudem der Motion «Zeitgemässes Abstammungsrecht» zu und folgte damit dem Votum des Ständerates. Somit wir der Bundesrat beauftragt die rechtlichen Grundlagen für ein zeitgemässes Abstammungsrecht zu entwerfen. Mit der Reform sind zahlreiche kinderrechtlicher Fragen verbunden, wie beispielsweise das Rechtsverhältnis zu den biologischen und sozialen Eltern, aber auch das Recht auf Identität und Kenntnis der eigenen Abstammung.


Der Ständerat hat sich als Teil des bundesrätlichen Geschäfts zur Änderung des Jugendstrafgesetzes für eine Debatte über die mögliche Verwahrung jugendlicher Straftäter*innen ausgesprochen und stellt sich damit gegen die Empfehlung seiner Rechtskommission. Bei einer Änderung des Gesetzes soll bei Jugendlichen, die das 16. Altersjahr vollendet und einen Mord begangen haben, künftig direkt eine Verwahrung angeordnet werden können, sofern ernsthafte Rückfallgefahr besteht. Der Entscheid des Ständerates stösst bei Expert*innen auf Unverständnis. Da die Hirnentwicklung bei Jugendlichen noch nicht abgeschlossen sei, sind Voraussagen bezüglich Gefährlichkeit und Rückfallrisiken junger Straftäter schwierig. Auch das Netzwerk Kinderrechte Schweiz sieht eine Verwahrung von jugendlichen Straftäter*innen kritisch. Die vorgeschlagene Änderung im Jugendstrafgesetz würde den Grundgedanken der UN-Kinderrechtskonvention und des Jugendstrafrechts zu wider laufen. Ziel und Zweck des Jugendstrafgesetzes ist die Resozialisierung der jungen Menschen. Dabei steht im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht nicht die Tat, sondern der*die Täter*in  im Fokus. Als Nächstes berät der Nationalrat die Vorlage.


Hinzu kommen in beiden Räten verschiedene Geschäfte und weitere Vorstösse, die ebenfalls kinderrechtliche Aspekte aufweisen (vgl. ausführliche Rückschau). Die Debatten können in den Wortprotokollen des Amtlichen Bulletins nachgelesen werden.


Ausführliche Sessionsrückschau

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