Netzwerk Kinderrechte Schweiz

Kindesschutz und Kindeswohl in den Frauenhäusern

Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und Kinder sind oftmals mitbetroffen. Institutionen wie Frauenhäuser, in welchen gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder Schutz und Unterstützung finden, sind in besonderem Masse für die verschiedenen Aspekte des Kindesschutzes im Kontext von häuslicher Gewalt sensibilisiert. Das Bereitstellen kinderspezifischer Angebote und deren angemessene Finanzierung ist notwendig.

Nach Schätzwerten des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau erleben zwischen 10 und 30 Prozent aller Kinder Gewalt in der elterlichen Paarbeziehung mit und fast 27'000 Kinder sind jährlich von häuslicher Gewalt mitbetroffen. Die Situationsanalyse der Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtenstein (DAO) offenbart, dass im Jahr 2019 rund 930 Kinder in einem Frauenhaus für insgesamt 34'583 Tage bzw. Nächte Zuflucht suchen mussten. Somit handelt fast der Hälfte aller Frauenhausbewohner*innen im Jahr 2019 handelte es sich um Kinder. Besonders stark vertreten sind mit 65% Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren.


Wie der Bericht erkennen lässt, werden Kinder in Frauenhäuser als eigenständige Persönlichkeiten mit Bedürfnissen und Rechten wahrgenommen werden. Um den besonderen Bedürfnissen betroffener Kinder gerecht zu werden, ist ein Angebot im Kinderbereich erforderlich. Die Frauenhäuser haben spezifische Massnahmen entwickelt, um den Schutz und das Wohl der Kinder sicherzustellen. In der Praxis der Frauenhäuser bestehen jedoch in Bezug auf die getroffenen Massnahmen Unterschiede.


Auf Grundlage der Analyse wurden fünf Handlungsempfehlungen zuhanden von Fachkreisen und politischen Entscheidungsträger*innen definiert. Diese betreffen:

  • die Wahrnehmung von Kinder als Opfer häuslicher Gewalt (1),
  • die psychosoziale Begleitung (2) und die adäquate Betreuung (3) von Kindern durch ausgebildete Fachpersonen,
  • eine angemessene Finanzierung kinderbezogener Leistungen (4) und
  • die konsequente Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (5) auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene (u.a. Verabschiedung einer nationalen Strategie zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder).

Diese Massnahmen sind notwendig, um die Praxis der Frauenhäuser in den Bereichen Kindesschutz und Kindeswohl zu harmonisieren und die Rechte gewaltbetroffener Kinder gleichermassen zu gewährleisten.


Trotz veränderten gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen zum Schutz und zur Unterstützung von Kindern, besteht in der Praxis folglich Handlungsbedarf. Die Schweiz als Vertragsstaat der UN-Kinderrechtskonvention ist verpflichtet, den Schutz der Kinder vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschliesslich des sexuellen Missbrauchs zu gewährleisten. Im Massnahmenpaket des Bundesrats zur Schliessung von Lücken bei der Umsetzung der UN-KRK sind zwei der insgesamt 11 Massnahmen dem Handlungsfeld «Schutz der Kinder vor jeglicher Form von Gewalt» zuzuordnen: Die Definition des Handlungsbedarfs auf Grundlage neuster Studienergebnisse und die Verbesserung der Koordination bei allen Formen der Gewalt an Kindern.


Weitere Informationen:

Bericht der Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtenstein (DAO) (2020). Kindesschutz und Kindeswohl in den Frauenhäusern.

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