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Bundesgericht trägt Kindeswillen bei Entscheid über Wohnsituation einer Jugendlichen Rechnung

Das Bundesgericht stützt in seinem Urteil vom 10. Juli 2018 den Entscheid einer kantonalen Instanz, die dem ausdrücklichen Kindeswillen einer Jugendlichen mehr Gewicht beimisst als dem Aufenthaltsbestimmungsrecht ihres Vaters.

Das Bundesgericht bestätigt mit seinem Entscheid ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn. Gemäss diesem Urteil darf eine Jugendliche auf ihren ausdrücklichen Wunsch weiterhin zusammen mit ihrer älteren Schwester beim früheren Lebenspartner der verstorbenen Mutter leben. Der Vater hatte gegen diesen Entscheid Beschwerde eingelegt, da er sich selbst um die Tochter kümmern wollte.


Die Tochter darf demnach in ihrem bisherigen Umfeld verbleiben und muss nicht zum Vater zurückkehren, von dem sie seit über sieben Jahren getrennt wohnt. Für die Entscheidung ausschlaggebend war dabei die Frage, ob diese Betreuungsregel eine Gefährdung des Kindswohls darstellt. Obwohl der Vater grundsätzlich erziehungsfähig wäre, misst das Gericht dem klaren Willen der urteilsfähigen jugendlichen Tochter grosses Gewicht bei, die in ihrer bisherigen Wohnsituation verbleiben möchte. Das Gericht berücksichtigt insbesondere, dass die Jugendliche durch den Tod der Mutter einer grossen Belastung ausgesetzt ist. Gerade da sei Stabilität äusserst wichtig. Diese sei im bisherigen Umfeld gegeben, da die Jugendliche mit ihren engsten Bezugspersonen zusammenlebe, insbesondere mit ihrer älteren volljährigen Schwester.


Das Urteil bekräftigt im Einklang mit der UN-Kinderrechtskonvention, dass bei Entscheiden, die Kinder betreffen, das Interesse des Kindes (Kindeswohl) vorrangig berücksichtigt werden muss. Der ausdrückliche Wille des Kindes ist ein bedeutender Bestandteil des Kindeswohls und damit höher zu gewichten, als das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Vaters.


Urteil 5A_463/2017 vom 10. Juli 2018.

Medienmitteilung des Bundesgerichts


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