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Bundesgericht: Kein Kostenvorschuss bei unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden

Das Bundesverwaltungsgericht darf bei Beschwerden von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden keinen Kostenvorschuss mehr erheben. Dies hat das Bundesgericht in einem Urteil vom 16. Oktober 2017 festgelegt. Das Bundesgericht erachtet die Auferlegung eines Kostenvorschusses für unbegleitete minderjährige Asylsuchende als übermässige Beschränkung des Zugangs zur Justiz.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte einem unbegleiteten 15-jährigen Asylsuchenden einen Kostenvorschuss auferlegt, um seinen Rekurs gegen die Ablehnung eines Asylgesuchs zu prüfen. Der damals 15-Jährige war unbegleitet in die Schweiz eingereist und hatte 2014 ein Asylgesuch gestellt. Das Gesuch wurde abgelehnt, worauf er beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einlegte. Das Bundesverwaltungsgericht wies sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mangels Erfolgsaussichten ab. In der Folge verlangte es 2016 vom Betroffenen einen Kostenvorschuss von 900 Franken. Weil der Beschwerdeführer den Betrag nicht bezahlten konnte, trat das Bundesverwaltungsgericht auf seine Beschwerde nicht ein. Im Namen des Betroffenen gelangte der Service Social International Schweiz ans Bundesgericht, damit dieses das Vorgehen in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde prüfen kann.


In seinem Urteil anerkennt das Bundesgericht die Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention, wonach Kinder aufgrund ihres Entwicklungsstandes ein besonders Schutzbedürfnis haben, insbesondere was den Rechtsschutz betrifft. Dies gilt – wie Artikel 22 der Konvention besagt – insbesondere für Kinder, die um Anerkennung als Flüchtling ersuchen oder als Flüchtling anerkannt sind. Vertragsstaaten der Konvention müssen Massnahmen treffen, um sicherzustellen, dass diese Kinder einen angemessenen Schutz ihrer Rechte erhalten. Bei Asylverfahren handelt es sich – so das Bundesgericht – nicht um Bagatellen, sondern es steht die körperliche und psychische Integrität der betroffenen Person im Vordergrund. Die Erhebung eines Kostenvorschusses von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden ist deshalb eine übermässige Beschränkung des Zugangs zur Justiz.


Das Bundesverwaltungsgericht darf künftig keinen Kostenvorausschuss von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden mehr verlangen, ausgenommen die betroffene Person verfügt über ein persönliches Vermögen oder andere finanzielle Ressourcen.


Bundesgerichtsurteil 12T_2/2016 (Urteil in Französisch)


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