Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses an die
Schweiz
Die Schweiz muss sich in Sachen Kinderrechte verbessern
Eine verbesserte Datenerhebung, eine
Umsetzungsstrategie für die Kinderrechte, die Inklusion von Kindern mit einer
Behinderung, der Schutz von geflüchteten Kindern oder die Bekämpfung von
Kinderarmut – die Umsetzung der Kinderrechte in der Schweiz ist nicht
selbstverständlich. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat heute seine
Empfehlungen an die Schweiz veröffentlicht. Sie zeigen auf, wo die Schweiz bei
der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention kritische Lücken aufweist.
Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes formuliert 138 Einzelempfehlungen an
die Schweiz zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und ihrer beiden
Fakultativprotokolle betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten
Konflikten sowie betreffend Kinderhandel, Kinderprostitution und
Kinderpornografie. Die Empfehlungen bilden den Abschluss der dritten Staatenüberprüfung
der Schweiz durch den UN-Ausschuss, die am 20. September 2021 in Genf stattfand.
Lücken bei der
Umsetzung der Kinderrechte
Das
internationale Expertengremium mahnt zahlreiche Lücken bei der Umsetzung der
UN-KRK an: in vielen Bereichen fehlen
aussagekräftige und desaggregierte Daten. So fehlen wichtige Daten zu Gewalt
gegen Kinder, aber auch zur Situation von Kindern in schwierigen
Lebensumständen wie beispielsweise fremdplatzierte Kinder. Weiter
fehlt es an einer geeigneten schweizweiten Strategie zur Umsetzung der Kinderrechte.
Die Empfehlungen betreffen eine
grosse Bandbreite an konkreten Themen. Der Ausschuss wiederholt zum zweiten Mal
seine Empfehlung, die Prävention von Gewalt gegen Kinder zu stärken und
Fachpersonen entsprechend zu schulen. Weiter mahnt der UN-Ausschuss, die
notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereit zu stellen, um
Lücken in der psychiatrischen und
psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu schliessen. Kritisch
zeigt sich der UN-Ausschuss zudem beim Zugang von Kindern mit einer Behinderung
zur inklusiven Bildung und forderte klare Vorgaben für die Kantone in diesem Bereich.
Auch der Zugang von geflüchteten Kindern zu regulären Bildungsangeboten sowie
Unterbringungsstandards und Betreuungsangebote sind Gegenstand der
Empfehlungen. Bereits zum dritten Mal wiederholt der Ausschuss die Empfehlung,
Körperstrafen in der Erziehung explizit zu verbieten. Die Schweiz kennt
– im Gegensatz zu vielen europäischen Nachbarstaaten – kein explizites Verbot
von Gewalt in der Familie.
Kinder und
Jugendliche erstmals am Verfahren beteiligt
Das Netzwerk Kinderrechte
Schweiz begleitet als Stimme von über 50 Organisationen aus der
Zivilgesellschaft die Staatenüberprüfung der Schweiz. Das Netzwerk hat im Juni 2021 einen ergänzenden
NGO-Bericht beim
UN-Kinderrechtsausschuss eingereicht, der die Sichtweise seiner
Mitgliedsorganisationen auf die Umsetzung der Kinderrechte wiedergibt. Zum
ersten Mal in der Schweiz hat des Netzwerk Kinderrechte Schweiz zudem Kinder
und Jugendliche direkt im Verfahren einbezogen – und dies in Form eines
Kinder- und Jugendberichts veröffentlicht.
Zahlreiche Anliegen der Kinder und Jugendlichen selbst finden sich in den
Empfehlungen wieder. «Kinder und Jugendliche beschäftigen sich sehr reflektiert
mit ihren Rechten. Es ist zentral, dass ihre Sichtweise auf das Aufwachsen in der Schweiz und Themen aus ihrem
direkten Lebensumfeld – beispielsweise der Umgang mit Mobbing und Cybermobbing in Schulen – in das
Verfahren einfliessen», sagt Valentina Darbellay, Präsidentin des Netzwerks
Kinderrechte Schweiz. «Der UN-Kinderrechtsausschuss hat sehr gut erfasst, wo in
der Schweiz Handlungsbedarf besteht. Nun ist es zentral, dass Bund und Kantone
die Umsetzung der Empfehlungen zügig und koordiniert vorantreiben. Entscheidend
dafür ist, dass die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen
bereitgestellt werden.».